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Kultur

Comedy neu erfunden

Deutsche Comedy-Formate gibt es mehr als genug. Unter ihnen gibt es einige gute und sehr erfolgreiche (Stromberg, Bully Parade, etc.). Trotzdem war es längst Zeit deutsche Comedy auf die nächste Ebene zu heben, um dem sanften Unhaltungsgeplätscher zu entfliehen. Simon Gosehojann hat dies geschafft. Mit seiner Sendung "Comedy Street" werden Menschen im öffentlichen Alltagsleben absolut absurden Situationen ausgesetzt und damit alleine gelassen. Die Gesichter dieser Menschen zu beobachten und sich vorzustellen, was sie denken mögen, ist der ganze Spaß an der Sendung. "Comedy Street" ist keine Comedy-Sendung. Es ist soziologisches Theater.

Man muss sich das mal vorstellen: Man sitzt am Meer auf Sylt in seinem Strandkorb. Plötzlich ertönt von irgendwo her die Durchsage: "Liebe Kunden, unser Geschäft schließt in wenigen Minuten. Bitte begeben Sie sich zu den Ausgängen." Den Menschen im Strandkorb ist die Verwirrung deutlich anzusehen. Der Zuschauer merkt, wie der Betroffene mit der Situation völlig überfordert ist, da sein Hirn erfolglos versucht sinnvolle Verknüpfungen zu finden.

Das gleiche wird wohl den Menschen widerfahren, die erleben, wie sich zwei als Gartenzwerge verkleidete mit Gummikeulen verprügeln. Oder, wie ein Mensch in einem Bärenkostüm einen zweiten Bären mit Verband um den Kopf in einem Rollstuhl durch die Gegend schiebt (siehe Foto). Auch schön ist die Szene, in der Simon Gosejohann einen Warenzusteller mimt: Der Bewohnerin eines Hauses sagt er, er habe eine Lieferung gebracht und sie vorne im Garten abgestellt. Dann verschwindet er. Ungläubig verlässt die Bewohnerin das Haus und geht einige Schritte zum Vorgarten. Dort steht eine gewaltige Transformers-Figur.

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Ein weiterer grandioser Gag ist der Trick mit der Leine. Gosejohann bittet eine Passantin nur kurz die Hundeleine festzuhalten. Er drückt ihr die Leine in die Hand und verschwindet. Der Text der Hintergrundmusik handelt vom Warten. Nach einiger Zeit entdeckt die Frau, dass die Leine, die sie in der Hand hält, hinter der nächsten Ecke verschwindet. Sie geht einige Schritte vor, schaut um die Ecke und sieht, wie das Ende der Leine zu einem Halsband geht, das jemand in einem Monsterkostüm um den Hals trägt. Erschrocken tritt sie zwei Schritte zurück, überlegt etwas und traut sich wieder vor.

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Natürlich ist es ziemlich gemein über Menschen zu lachen, die reingelegt werden. Trotzdem, finde ich, ist dies ein fabelhafter Humor. Denn erstens kommt keiner der betroffenen zu Schaden und zweitens kann man nur all zu gut mit den Betroffenen sympathisieren, da die Situationen, in die sie hineingezogen werden, einfach zu schön sind. :-)

Pokern im Kino

Gestern war ich im neuen 007-Film "Casino Royale". Dieser Film hat das Zeug zum besten Teil der Reihe zu werden - soviel sei vorweg gesagt.

Casino Royale ist der einzige 007-Roman von Ian Flemming, der bislang nicht verfilmt wurde. Da das Buch das erste der Reihe ist, erzählt der Film, wie James Bond zu dem wurde, der er ist. Zu Beginn des Films erhält er den Doppel-Null-Status. Er ist nicht mehr als ein sehr guter Geheimagent. Er trägt schlecht sitzende Anzüge und Hemden mit zu großer Kragenweite. Ihm ist egal, ob ein Wodka-Martini geschüttelt oder gerührt ist. Beim Pokerspiel verliert er gegen den Bösewicht und verspielt zehn millionen Dollar seines Arbeitgebers. Dabei wissen wir aus allen Bond-Filmen vorher, dass keiner so gut pokert wie 007: "It seams you are unbeatable Mr. Bond" (Thunderball, 1965).

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Dieser Bond-Film kehrt zu einem "realistischeren" 007 zurück. Hier wird gezeigt, dass auch James Bond ein Mensch ist. Nach einer Schlägerei muss er das Hemd wechseln, weil er überall blutet. In den anderen Filmen rückt er sich lediglich die Krawatte gerade. Bond ist rabiat und fühlt sich nicht recht wohl in der Gesellschaft, in der er auftreten muss. Er eckt an, weil keine Ahnung von den Protokollen der High-Society hat und es ihn auch nicht interessiert.
Natürlich ist es eine Frau, die das Bild von James Bond formt und perfektioniert. Sie beschafft ihm Maßanzüge und bringt Ihm Etikette bei, sodass er schließlich zu seinem Stil findet. Den ganzen Film über sagt Bond kein einziges Mal, was von ihm erwartet wird. Erst am Ende des Films sagt er seinen Spruch auf: "Bond, James Bond" und symbolisiert damit die abgeschlossene Transformation Bonds von einem einfachen Doppel-Null-Agenten in den unbesiegbare Perfektionisten im Maßanzug, den wir alle lieben.

Inhaltlich spielt der Film zu Beginn der Karriere von 007. Zeitlich jedoch in der Gegenwart, was mich etwas verwirrt hat. So wird "M" wieder von Judy Dench gespielt, was etwas merkwürdig ist. Dennoch, es geht ja nicht um die Schauspieler, sondern um die Charaktere: "M" ist ein Charakter. Von welchem Schauspieler er dargestellt wird, ist letztlich wohl egal.

Für die DVD, die ich nun sehnsüchtig erwarte, habe ich schon Platz gemacht im Regal. :-)